Dieser Farblinolschnitt von Norbertine Bresslern-Roth (1891–1978) mit dem Motiv eines „Pekinesen“ stammt aus dem Jahr 1930 und trägt die Signatur der Künstlerin und entspricht im Werksverzeichnis Druckgrafik der Nummer „WVD 204“
Bresslern-Roth ist insbesondere durch ihre Tierdarstellungen und farbintensiven Drucke bekannt geworden, die ihr einen weit über die Steiermark hinausreichenden Ruf eingebracht haben.
1. Motiv und Darstellung
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Pekinese
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Der Pekinese, eine aus China stammende Schoßhunderasse, wird hier in einer charakteristischen Pose präsentiert. Sein üppiges, langes Fell ist besonders auffällig: Die geschwungenen Linien und die kontrastreichen Farbflächen bringen die lockigen und fransigen Haare eindrucksvoll zur Geltung.
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Bresslern-Roth betont die runden, dunklen Augen und den leicht gesenkten Kopf, was dem Hund einen spielerischen, zugleich stolzen Ausdruck verleiht.
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Florale Akzente
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Dynamik und Komposition
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Durch die diagonal verlaufenden Fellsträhnen entsteht ein lebhafter Bildeindruck: Der Pekinese wirkt in Bewegung, als würde er sich gerade umdrehen oder eine Aufmerksamkeit wittern.
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Die Farbübergänge und formbetonenden Linien folgen dem Schwung des Fells, was den Blick unweigerlich auf den ausdrucksstarken Hundekörper leitet.
2. Künstlerische Einordnung: Norbertine Bresslern-Roth
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Kurzbiografie und Schaffenszeit
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Geboren in Graz (1891), studierte Bresslern-Roth zunächst an der Grazer Kunstgewerbeschule und an der Akademie in Wien. Später vertiefte sie ihre Studien in München.
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Obwohl sie auch mit Malerei, Aquarell und Zeichnung große Erfolge hatte, ist sie vor allem für ihre Tierdarstellungen bekannt, oft in Holz- oder Linolschnitt-Technik. Sie integrierte dabei ein hohes Maß an natürlicher Detailtreue mit dekorativen Elementen.
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Stil
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Das Werk Bresslern-Roths wird von einer dynamischen Linienführung, flächiger Farbigkeit und einer klaren Konturbeherrschung geprägt. Sie verbindet exakte Naturbeobachtungen – sowohl anatomisch als auch in der Charakterisierung – mit der ästhetischen Reduktion einer Druckgrafik.
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Neben heimischen und exotischen Wildtieren finden sich auch zahme Haustiere, etwa Katzen oder Hunde, in ihrem Repertoire.
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Bedeutung des Pekinesen-Sujets
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Im Kontext der 1920er- und 1930er-Jahre waren Darstellungen beliebter Hunderassen durchaus gefragt. Sie passten zum damaligen Zeitgeschmack, in dem Haustiere als Teil einer modischen, bürgerlichen Lebensart betrachtet wurden.
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Bresslern-Roth hielt in diesen Drucken auch eine spielerische, freundliche Seite fest, die ihre Motive von reinen „Naturstudien“ abhebt.
3. Technik: Farblinolschnitt
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Druckverfahren
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Bei einem Linolschnitt wird das Motiv spiegelverkehrt in eine Linoleumplatte geschnitten. Was später gedruckt werden soll, bleibt stehen (die erhabenen Partien), während die vertieften Stellen keine Farbe annehmen.
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Für mehrfarbige Drucke (Farblinolschnitte) werden meist mehrere Platten verwendet – eine für jede Farbe – oder es wird das „Verlorene-Platte“-Verfahren angewendet, bei dem die Platte nach dem Druck einer Farbe weitergeschnitten wird.
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Farbharmonie und Flächenaufteilung
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In diesem „Pekinese“-Motiv fallen warme Braun-, Ocker- und Rottöne auf, die das Fell plastisch wirken lassen. Kontrastierende dunkle Partien konturieren die Figur.
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Bresslern-Roth nutzte oftmals 3 bis 5 Farben, die sie zu einer harmonischen, aber lebendigen Komposition kombinierte. Das Zusammenspiel dieser Farben sorgt für einen lebendigen Bildcharakter.
4. Historischer Kontext: Graz in den 1930er Jahren
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Künstlerische Szene
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In Graz entwickelte sich in der Zwischenkriegszeit eine rege Kulturlandschaft, wobei Künstler wie Bresslern-Roth, Alfred Wickenburg, Fritz Silberbauer u. a. aktiv waren.
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Bresslern-Roth blieb ihrer Heimatstadt ein Leben lang eng verbunden, reiste allerdings auch zu Studienzwecken, beispielsweise nach München oder in Tiergärten außerhalb Österreichs.
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Tiermotive und Zeitgeist
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In den 1930er Jahren gewannen Tierdarstellungen in der Grafik zunehmend an Beliebtheit. Einerseits erfreute man sich an exotischen Themen – teils im kolonialen Kontext –, andererseits bot das Thema auch im privaten Wohnkontext einen dekorativen Anreiz.
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Ein Pekinese, als Symbol für einen modischen, distinguierten Haushund, fand sicherlich eine Käuferschicht im bürgerlichen Milieu, das Bresslern-Roths Arbeiten sehr schätzte.
5. Zusammenfassung
Der Farblinolschnitt „Pekinese“ (WVD 204, Graz 1930) von Norbertine Bresslern-Roth ist ein exemplarisches Werk ihrer Tierdarstellungen, die sich durch präzise Beobachtung, dekorative Linienführung und eine besondere Farbgebung auszeichnen. Die Dynamik des üppigen Fells, die stilisierte Darstellung des Hundes und die harmonische Einbindung floraler Elemente ergeben eine charakteristische Komposition, die Bresslern-Roths feines Gespür für die Verbindung von Naturalismus und künstlerischer Abstraktion verdeutlicht.
Sammler und Liebhaber schätzen Bresslern-Roths Arbeiten hoch, da sie nicht nur ansprechend und dekorativ sind, sondern auch ein hohes Maß an grafischer Finesse, technischer Qualität und tierischer Lebendigkeit verkörpern.